LOGBUCH MSY (Motorsegelschiff) Kulturkosmos

12. Mai 2021 Das MSY Kulturkosmos hat heute die Maschinen gestoppt und die Segel vorerst gerefft.

Dies sind Auszüge aus dem Logbuch einer Mission, die mit großer Hoffnung aber offenem Ausgang vor Monaten begann. Es dokumentiert die Geschichte und den von der MSY Kulturkosmos gefahrenen Kurs bei dem Versuch, einen temporären Fluchtpunkt aus der pandemischen Dystopie des Winters 2020/21 zu erkunden. Das Ziel der Mission ist die Ermöglichung von Festivals und kulturellen Veranstaltungen trotz fortlaufenden Pandemiegeschehens im Sommer 2021. Vorrangiges Ziel war natürlich die Realisierung des Fusion-Festivals Ende Juni Anfang Juli, mit 2 x 35.000 Besucher:innen.

Wir schreiben an dieser Stelle „das Ziel war…“, weil dessen Erreichung am heutigen Tag, dem 12.Mai 2021, immer noch in so weiter Ferne liegt, dass wir nicht sehen können, wie es in dem verbleibenden Zeitfenster von sechs Wochen zu erreichen wäre.

Wir schreiben diesen Logbuch-Eintrag in trauriger Verbundenheit mit Allen, die bis zuletzt gehofft und sich auf die Fusion gefreut haben. Mit großer Enttäuschung müssen wir heute bekannt geben:


Wir werden unser Ziel „Fusion 2021“ leider nicht rechtzeitig erreichen und müssen unser heiß ersehntes Festival zum zweiten Mal in Folge um ein Jahr verschieben.

Die Tickets behalten ihre Gültigkeit für 2022 oder können storniert werden. Alle die ein Fusion-Ticket haben, können hier lesen wie es weitergeht.

Wir schreiben diesen heutigen Logbuch-Eintrag mit Zorn auf die Politik, die die auflaufende dritte Welle der Pandemie sehenden Auges ignoriert und der Wirtschaft zuliebe über Monate konsequentes Handeln unterlassen hat. Neben allem anderen Versagen in der Pandemiebekämpfung wie z.B. dem monatelangen Impfdesaster liegen hier die Hauptgründe, warum wir immer noch unter krassen Einschränkungen und unter dem Entzug unserer Freiheitsrechte leben müssen. Nach dem Motto „Hauptsache die Wirtschaft brummt“ wurde hier über Leichen gegangen und wurden wir von einem Lockdown light in den nächsten geschickt. Die Fusion 2021 wäre möglich gewesen, wenn die Politik rechtzeitig konsequent gehandelt hätte!

Wir schreiben diesen Eintrag aber auch mit Hoffnung darauf, dass wir mit euch zusammen diesen Sommer trotz Pandemie barfuß auf grünen Wiesen tanzen, Konzerte hören und gemeinsam feiern werden. Unsere Mission hatte sich von Anfang an nicht allein auf die Fusion Ende Juni beschränkt. Wir arbeiten trotz dieses herben Rückschlages weiter an dem Ziel, in diesem Sommer Kultur, Festival und Party zu ermöglichen. Wir sind davon überzeugt, dass spätestens im August in Lärz und an anderen Orten der Bass zurückkehren wird, die Kultur zu neuen Ufern aufbrechen und wir uns unsere Feierräume zurückerobern werden.

Aus den vorhergegangenen Logbuch-Einträgen könnt ihr herauslesen, wie schwierig diese letzten Monate für uns waren, von der Zweiteilung des Festivals, über die hoffnungsvolle Erarbeitung unseres Hygiene- und Testkonzeptes, bis zu der an den Realitäten gescheiterte Vision der Realisierung des Festivals.

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Ende Dezember
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Die MSY Kulturkosmos dümpelt in ruhigen Gewässern. Eine Arbeitsgruppe steckt regelmäßig die Köpfe zusammen, um die Planung der Doppelfusion voranzubringen. Ein Teil der Crew ist nach wie vor in Kurzarbeit, aber die Tickets sind alle verkauft und wir wissen, dass jetzt 70.000 und mehr gemeinsam mit uns darauf hoffen, dass sich die Situation in den kommenden Wochen aufklaren wird. Unser at.tension-festival haben wir auf 2022 verschoben, um unsere Kräfte mit einer Doppelfusion und einem Theaterfestival nicht zu überfordern. Aber wir planen ein kleines neues Theaterformat für Anfang September 2021, genannt „be.tween Theatertage“. Doch das liegt noch in weiter Ferne und wir wissen, dass wir jetzt erst mal den Januar/Februar durchkreuzen müssen - in der Hoffnung, dass spätestens im März Land in Sicht ist.

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Januar
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Die pandemische Situation verschlechtert sich und es gibt keine Hinweise, dass sich der Wind absehbar wieder dreht. Im Gegenteil, die Dritte Welle wird vorhergesagt, aber die Politik labert nur noch von Millionen Impfdosen, die demnächst kommen sollen. No Covid fordert die Wissenschaft, Zero Covid ruft die Linke. Der Aufruf wird von uns mitgezeichnet, aber auch kontrovers diskutiert. Angesichts der Situation verschleiert ein Nebel der Frustration zunehmend unsere Zuversicht. Eine Verschiebung des Festivals auf den Spätsommer wird noch einmal diskutiert, aber wieder verworfen. Die Fusion ist einfach zu komplex, die Situation auch im Spätsommer nicht vorhersehbar; wir entscheiden uns auf Kurs zu bleiben.

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Anfang Februar
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Die See bleibt stürmisch, der blanke Hans hat uns fest im Griff. Die Crew sitzt weiter unter Deck und zieht den Kopf ein. Alle an Bord sind immer noch symptomfrei. Die Stimmung ist niedergeschlagen und Land ist nicht in Sicht. Wer kann, arbeitet trotzdem weiter. Wir pflanzen Bäume, machen Bookings, schreiben ein umfangreiches Sicherheitskonzept, aber so manche:n aus unserer Crew verlässt langsam aber stetig der Mut und die Hoffnung.

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16.Februar
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Heute haben wir einen Funkspruch aus der Charité aufgefangen. Dort wurde von einem mobilen Labor und von einem neu entwickelten beschleunigten PCR Testverfahren gesprochen, mit dem es möglich sein soll, in kurzer Zeit tausende Menschen PCR zu testen. Die Nachricht hat uns kalt erwischt, aber wir sind wie elektrifiziert.
Alle sprechen jetzt von Schnelltests, die ab Anfang März in großer Zahl und für lau zur Verfügung stehen sollten. Und natürlich sind die Impfungen das große Thema. Aber weil längst klar geworden ist, dass die Politik es versemmelt hat, rechtzeitig und ausreichend Impfdosen zu bestellen und obendrein die Impfstoffproduktion hinten und vorne nicht reicht, gibt es nur lächerlich wenig Stoff. Wir haben bereits erkannt, dass weder Schnelltests noch das Märchen vom schnellen Impfen uns retten werden. Zunehmend setzt sich die Erkenntnis durch, dass für eine mehrtägige Veranstaltung der PCR Test der einzige Weg sein wird.
Die Vorstellung, 35.000 Menschen am Anreisetag mittels PCR-Test zuverlässig coronafrei testen zu können, hat uns gekickt und wir haben sofort Kontakt zu den Händlern und Erfindern dieser heißen Ware aufgenommen.

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28.Februar
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Innerhalb von 12 Tagen haben wir mit einem kleinen Expert:innen Team die Geschichte aussondiert und einen ersten Entwurf für ein Testkonzept basierend auf PCR-Tests erarbeitet. Es zeichnet sich ab, dass es dafür notwendig sein wird, ein eigenes, mobiles Labor in Lärz aufzustellen. Der Nebel, der wochenlang unsere Sinne getrübt hat, ist plötzlich wie weggefegt. Als erstes gilt es, jetzt die ganze Crew mitzunehmen und aus ihrer trübsinnigen Stimmung zu reißen.
Gleichzeitig haben wir heute beim Amt den Antrag zur Genehmigung der Fusion eingereicht und ein umfangreiches Hygiene- und Testkonzept bis spätestens Ende März angekündigt. Unser anfangs kleines Expert:innen Team wurde erweitert und in der AG Test ist ab jetzt auch die IT involviert.

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1.März
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Der Streifen am Horizont, der eine sich abzeichnende Wende bedeuten könnte, hat die Stimmung der gesamten Crew merklich gehoben und eine leichte Hoffnung, dass wir es trotz Pandemie schaffen könnten die Fusion zu realisieren, entfacht.

Wir reden viel über unsere Rote Linie, also die Frage unter welchen Bedingungen und Auflagen wir das Festival überhaupt machen wollen. Fünf Tage Festival, immer mit Abstand und Maske, das liegt für alle von uns jenseits der Roten Linie. Es ist uns klar, dass Fusion und Pandemieregeln sich diametral gegenüber stehen und wir eine wirklich gute Lösung brauchen, um am Ende sowohl safe als auch frei feiern zu können.

In Lärz beginnt die Vorbereitung für weitere Arbeiten an der Turmbühne. In den Büros herrscht zum Teil noch Kurzarbeit. Alle, die Arbeit haben, starten aber trotz immer noch gemischter Stimmung aus dem Wintermodus in den noch nicht absehbaren Frühling. Seit heute wird die Crew in Lärz und Berlin durchgängig mit Schnelltests getestet.

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3.März
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Es zeichnet sich die Möglichkeit ab während des Festivals mittels eines neu entwickelten PCR Poolings in großer Skalierung einen zweiten PCR Test für alle 35.000 Fusionist:innen in 12 Stunden absolvieren zu können. Das ist der Durchbruch. Ab jetzt glühen die Drähte und wir arbeiten fieberhaft an dem sich immer konkreter abzeichnenden Testkonzept.

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8.März
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Die Bauarbeiten an der Turmbühne haben begonnen. In Lärz arbeiten jetzt tagtäglich über 50 Menschen Hand in Hand. Angesichts des sich immer konkreter entwickelnden Testkonzeptes und der zunehmend sichtbaren Machbarkeit steigt zumindest im Kulturkosmos bei allen die Hoffnung, dass es trotz der massiv anrauschenden 3. Welle eine Chance für die Fusion 2021 geben kann.

Außerhalb der Blase Kulturkosmos sinkt die Stimmung und die Hoffnung bei den Menschen in dem Maße, wie die Inzidenz steigt. Der Lockdown für Familien, Einzelhandel, Kultur und alles was keinen Profit generiert, geht in die 3. Woche und -wen wundert’s?- zeigt dieser keine Wirkung - im Gegenteil.

Politiker:innen versuchen die Frustration der Menschen durch großspurigen Impfoptimismus und Kompensationsversprechen zu dämpfen. Viele Pandemieverlierer:innen kann das nach einem Jahr aber nicht mehr abholen. Jede:r kennt jetzt Menschen, die langsam komplett am Arsch sind. Manche fangen an seltsames oder krass dummes Zeug zu labern. Was alle vereint, ist die dystopische Stimmung, die Perspektivlosigkeit und der zunehmende Frust auf die Politik, die inzwischen völlig planlos durch die Pandemie stolpert.

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17.März
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Online-Fachgespräch mit MdB Caren Lay/Die Linke, LiveKomm und Veranstalter: innen zum Thema Festival-Sommer 2021: Die Stimmung ist allgemein pessimistisch, trotzdem wollen viele nicht aufgeben und weiter kämpfen. Wir haben unser Testkonzept kurz vorangekündigt und kurz umrissen. Die Hoffnung auf Lösungen und Durchbrüche ist bei allen spürbar. Wir betonen die politische Forderung, dass die Politik die Subkultur mit Subventionen für gute Hygiene- und Testkonzepte zur Ermöglichung von Veranstaltungen unterstützen muss, anstatt nur Kompensationszahlungen bei Ausfall zu versprechen.

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20.März
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Das Testkonzept steht, aber ein Konflikt zeichnet sich ab: Wir müssen es zu einem wirklich ungünstigen Zeitpunkt am Peak der 3. Welle veröffentlichen. Trotzdem ist es wichtig, Hoffnungsschimmer in die Welt zu setzten. Wie werden die Menschen reagieren, werden wir als Zyniker:innen oder Traumtänzer:innen abgestempelt? Wir wissen, dass es utopisch klingt, jetzt ein Festival Ende Juni mit 35.000 Menschen anzukündigen. Wir wissen auch, dass im Wettlauf mit der Zeit unsere Chancen rapide sinken, wenn die Politik nicht sofort einen konsequenten Lockdown verhängt, damit eine baldige Trendwende im Infektionsgeschehen herbeigeführt wird. 

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24.März
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Veröffentlichung des Testkonzeptes. Wir können alle Fusionist:innen einmal vor und einmal während des Festivals vollständig mittels PCR testen. Die neuen Technologien und eine detaillierte Optimierung aller Prozesse machen es möglich. Den logistischen Aufwand haben wir haargenau geplant und geprüft. Wir wissen, dass es möglich ist. Ab jetzt tickt die Uhr und wir müssen zeitnah das erste PCR Labor für Lärz bestellen, trotz des Risikos, dass wir Ende Juni kein Festival machen können. 

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25.März
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Verschiedene Medien berichten durchweg positiv über das Konzept.

Auch über viele weitere Kanäle kommen mehrheitlich positive und hoffnungsvolle Feedbacks auf das Konzept. Vielen gibt es gerade jetzt einen emotionalen Auftrieb, dass wir ein nachvollziehbares Konzept zeichnen, auf dessen Basis eine Großveranstaltung machbar scheint. Es melden sich unheimlich viele Menschen, die uns unterstützen wollen - viele davon aus dem medizinischen Bereich. Das Konzept wird von Fachleuten als gut, verständlich, transparent und inhaltlich durchdacht gelobt. Es ist jetzt in weiten Kreisen dieselbe Aufbruchsstimmung zu spüren, die sich zuvor auch bei uns breit gemacht hat. Endlich eine für die meisten nachvollziehbare Option, wie Festivals in Corona-Zeiten machbar werden können.

Gleichzeitig müssen wir erkennen, dass bei der Prognose des Infektionsgeschehens keine wirkliche Veränderung in Sicht ist. Wir spüren, dass wenn es nicht in den kommenden Wochen zu einem signifikanten Rückgang der Infektionszahlen kommen wird, das beste Testkonzept keine Genehmigung zur Durchführung eines Festivals mit 35.000 Besucher:innen bringen wird.

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Anfang April
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Dem Osterhasen hatte die Politik ja etwas die Löffel gestutzt, aber die Leute in ihre vier Wände zu zwingen und die Wirtschaft, abgesehen von den Feiertagen, ohne Einschränkungen weiterlaufen zulassen, sorgt für ein weiterhin stabiles Infektionsgeschehen. Die Zahlen steigen langsam aber stetig, die Intensivstationen sind rappelvoll. Wir bekommen erste Rückmeldungen aus unseren Crews, dass manche trotz Testkonzept nicht mehr damit rechnen, dass das Festival stattfinden kann und anfangen anderweitige Pläne zu schmieden. Irgendwie verständlich, aber wir wissen, dass wir ohne unsere Crews genauso wenig die Fusion realisieren können, wie ohne Genehmigung. 

Trotz der unklaren Situation müssen wir jetzt das mobile Labor kaufen. Es ist Voraussetzung für das Testkonzept und hat vier Wochen Lieferzeit. Wir sind uns angesichts der Infektionszahlen darüber im Klaren, dass wir jetzt nicht mehr ausschließlich auf 2 x 35.000 Ende Juni setzten können, sondern einen „Plan C“ ins Auge fassen müssen. Bereits im Januar wurde ein sogenannter „Plan C“ einmal ganz rudimentär skizziert, ist dann aber angesichts des sich neu entwickelnden Testkonzepts wieder in der Schublade versunken.

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Mitte April
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Die Pandemie läuft und läuft und läuft und die Inzidenz steigt immer noch. So langsam wird hoffentlich dem letzten Deppen in der Politik klar, dass der Lockdown light das Elend nur verlängert. Immer noch läuft die Impfkampagne peinlich schleppend und die Politik agiert total planlos. Uns erreichen weitere Informationen, dass es in einigen Crews zunehmend bröckelt. Uns wird klar, dass wir nicht tausende Menschen in dieser täglich weniger aussichtsreichen Situation  weitere Wochen „auf Abruf“ halten können, in der Annahme, dass alle weiterhin alles andere zurückstecken, genährt von der schwindenden Hoffnung auf den Erfolg der Mission.

Unser Antrag auf Genehmigung verläuft geräuschlos, aber die örtlichen Behörden machen ihren Job. Alle wünschen uns, dass es doch noch klappen wird, aber niemand glaubt wirklich daran. Aus der Landespolitik kommt gar nix, alle sind auf Tauchstation und sitzen alles aus. Es gibt genau Null Reaktion oder Aussagen zu Festivals im Sommer. Die Tourismuslobby macht der Landesregierung ordentlich Druck, sie wollen Öffnungsperspektive. Wir aber haben in Schwerin keine Lobbyist:innen, die für uns Druck machen.

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17.April
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Die Bundesnotbremse kommt ins Gespräch, muss aber erst durch die Parlamente. Ausgangssperren werden zwar kritisiert, aber am Ende durchgewunken.

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23.April
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Die Bundesnotbremse ist beschlossen, alle Modellprojekte in der Republik ausgesetzt oder beendet, Ausgangssperre, Schul- und Kitaschließung, das volle Programm; nur die Wirtschaft läuft uneingeschränkt weiter. Trotzdem hoffen wir immer noch, dass die verschärften Maßnahmen anfangen zu wirken und sich in absehbarer Zeit die Situation doch noch verbessern wird. Was wir aber jetzt bräuchten ist Zuversicht, nicht nur leichte Hoffnung.

Auch 70.000 Fusionist:innen, ob Besucher:innen oder Mitarbeiter:innen, klammern sich weiterhin an die leichte Hoffnung, dass noch etwas passiert. Viele sind aber zunehmend verunsichert, haben Urlaub eingereicht und müssen bei einer Absage umdisponieren und andere Pläne schmieden. Der Druck auf eine Entscheidung steigt daher von allen Seiten und wir sind nach wie vor in einer emotionalen Achterbahn gefangen. Einerseits sehen wir es kommen, dass Ende Juni die Inzidenzen durchaus da landen könnten, wo wir sie bräuchten, nämlich deutlich unter 50. Andererseits sehen das eben gefühlt nur wir und das reicht nicht, um die Stimmung zu generieren, die es bräuchte, um jetzt gemeinsam weiter für 2 x 35.000 in sechs Wochen zu kämpfen.

Bei aller inneren Zerrissenheit wird uns immer klarer, dass wir Anfang Mai eine Entscheidung treffen und dann gegebenenfalls die Reißleine ziehen müssen, egal wie schwer es uns fällt.

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24.April
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Wir haben nur noch wenige Handbreit Wasser unter dem Kiel und laufen Gefahr, bei Fortsetzung des Kurses auf Grund zu laufen. Das Plenum beschließt daher, dass die MSY Kulturkosmos erst mal in den Wind dreht und die Segel refft, um ein letztes Mal die Situation zu prüfen und Vorbereitungen für ein Wendemanöver einzuleiten. Den größeren Crews wird schon einmal diskret vermittelt, dass die Orga-Arbeiten vorerst auf Hold gestellt werden

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29.April
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Das geplante Delegiertentreffen mit allen Crews am 15. Mai in Lärz ist in der momentanen Lage leider nicht genehmigungsfähig. Es wird jetzt alternativ ein Digitalkonzept geprüft.

Tatsächlich beginnen seit zwei Tagen die Zahlen zu sinken, aber dieser Trend kommt gefühlt mindestens drei bis vier Wochen zu spät – genau die Zeit, die die Politik die ansteigende dritte Welle tatenlos beobachtet hat.

In Lärz laufen die Aufbauarbeiten indes ungebremst weiter. In zweiten Jahr wird jetzt schon an der Turmbühne gebaut. Mit sehr viel Arbeit entsteht eine Feierarena, mit massiven Tribünen rings herum, gebaut aus massivem Holz. Auf dem Flugplatzgelände wurde bereits die Halle errichtet, in der die ankommenden Festivalgäste getestet werden sollen. Eine IT Gruppe arbeitet intensiv an der digitalen Umsetzung des Konzeptes.

Wir haben KUKO LAB gegründet. Am Eingang zum Kulturkosmos bauen wir jetzt eine Teststation, die Mitte Mai in Betrieb gehen soll. Hier werden dann nicht nur unsere Crews regelmäßig mittels PCR getestet. Auch Anwohner:innen, Tourist:innen und Gewerbetreibende aus der Region können hier getestet werden oder ihre Proben analysieren lassen. Darüber hinaus werden wir hier für die Gemeinde eine Bürgerteststelle für kostenlose Schnelltests einrichten. Am 15. Mai wird unser Labor geliefert und dann auch sofort die Arbeit aufnehmen. Ab dann können wir PCR- Diagnostik nicht nur für unsere Veranstaltungen, sondern auch für externe Interessent:innen und selbst für den Tourismus anbieten.

Das alles machen wir, obwohl wir die Fusion 2021 eigentlich schon dahinrinnen sehen. Das wäre eigentlich total paradox, wenn wir uns nicht jeden Tag aufs Neue sagen würden, dass, auch wenn wir die erste Runde in diesem Rennen verlieren, wir das Ziel noch lange nicht aufgeben.

Wir sind fest entschlossen, in diesem Sommer in Lärz Veranstaltungen zu realisieren. Wenn wir die Fusion erneut um ein Jahr verschieben müssen, tritt umgehend Plan C. in Kraft. Wir planen dann drei kleinere Veranstaltungen mit jeweils 10.000 Besucher:innen ab der 2. Augusthälfte. Nur diese recht stabil erscheinende Perspektive hält uns davon ab, an der Zwickmühle in der wir stecken zu verzweifeln und kollektiv über Bord zu springen

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1.Mai
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Die Inzidenzen sinken, aber in Deutschland sind die Intensivstationen immer noch voll und die Ärzt:innen und Pfleger:innen arbeiten weiterhin am Limit. Die Landesregierung denkt über Öffnungsszenarien nach und plant den Tourismus-Neustart, aber Festivals soll es offensichtlich diesen Sommer nicht geben.

In Berlin demonstrieren über 20.000 auf den 1.Mai Demos, in Liverpool und in Australien feiern Tausende wieder gemeinsam und ohne Maske. Die Diskussion um Rechte von Geimpften und Genesenen ist in vollem Gange. Die MSY Kulturkosmos aber hat die Maschinen gestoppt und mit gerefften Segeln beigedreht, in der zunehmenden Gewissheit, dass dies alles nicht bedeutet, dass wir es doch noch packen könnten.

Uns drückt die Verantwortung all denen gegenüber, die zeitnah eine Entscheidung brauchen. Wir sehen die ab jetzt exponentiell ansteigenden Kosten und gleichzeitig sehen wir nicht, dass wir eine Genehmigung für die Veranstaltung bekommen werden. Wir wissen, dass viele immer noch oder gerade wieder hoffen, dass wir nicht aufgeben. Wir wissen nicht, wo uns der Kopf steht…

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6.Mai
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Der NDR berichtet, dass das Gesundheitsamt die Genehmigung für die Fusion erteilt hätte, muss aber diese Falschmeldung Stunden später dementieren. Die Genehmigung müsste uns das Ordnungsamt erteilen, denen sind aber durch Verordnungen der Landesregierung die Hände gebunden. Die Landesregierung spielt auf Zeit und drückt sich vor jeglicher Aussage, die wir aber bräuchten, um abzusagen oder Planungssicherheit zu bekommen.

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9.Mai
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Die Befreiung kommt nicht mehr und wir müssen jetzt den Kurs wechseln. Wir  beschließen schweren Herzens, die Fusion 2021 auf das kommende Jahr zu verschieben. Wir werden noch dieses Logbuch fertig schreiben, es übersetzen lassen und spätestens am 12.Mai offiziell die Absage raus geben. Wir hoffen, dass alle dafür Verständnis haben werden und können an dieser Stelle nur sagen, dass es uns unendlich leid tut, dass wir Ende Juni nicht mit euch feiern können. Wir werden aber nicht aufgeben und steigen jetzt in die Vorbereitung des Plan C ein.

Die drei Termine für den Plan C sind:

1.Runde: 20. - 22.August 
2.Runde: 27. - 29.August 
3.Runde: 17. - 19.September

Nähere Infos dazu werden wir ab Mitte Juni veröffentlichen.

Für alle drei Veranstaltungen wird es ein neues Ticketing geben. Der Vorverkauf startet am 1. Juli.

Wir geben nicht auf und wir werden gemeinsam diesen Sommer wieder in Lärz tanzen – versprochen!

Eure Kulturkosmos Crew